Confirmation Bias im Recruiting

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von Ida
Januar 2020
Statue

Der Mensch sieht die Welt durch die eigenen Augen, nimmt Eindrücke wahr und verarbeitet sie auf individuelle Art und Weise, geprägt durch persönliche Erfahrungen. Dadurch entsteht ein weit gefächerter Katalog aus Meinungen, Annahmen und Vorurteilen, welche dem Menschen helfen, neue Eindrücke schneller kognitiv einzuordnen.

Hierbei fällt jedoch auch das Stichwort Confirmation Bias. Confirmation Bias sind sogenannte Wahrnehmungsverzerrungen. Die Aufnahme einer Information wird von Vorannahmen beeinflusst, welche diese Information filtern und verfälschen können, um die Vorannahmen zu bestätigen. So werden widersprüchliche Argumente ganz außer Acht gelassen oder so niedrig gewichtet, dass die Bestätigung überwiegt. Doch wie macht sich diese Wahrnehmungsverzerrung nun in der Arbeitswelt bemerkbar?

Im Bewerbungsprozess

Der Confirmation Bias kann schon unbewusst während des Bewerbungsverfahrens im Nacken des/der Personalsuchenden lauern. Nüchtern betrachtet sollten Bewerbungen nach Qualifikationen selektiert werden. In der Realität sieht das aber meist anders aus.

Als Beispiel: Bewerberin A ist bereits in einem fortgeschrittenen Alter, Bewerberin B hat denselben Namen, wie die Ex-Frau des Bewerbungsgesprächführenden und Bewerber C stammt von gleicher Nationalität, wie die Nachbarn, die am Wochenende so oft laute Partys feiern. Bewerber*Innen A, B und C werden nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen, dabei haben genau diese Personen vielleicht Attribute, nach denen das Unternehmen so dringend sucht und sind eigentlich hervorragend für die zu besetzende Stelle geeignet. Der Personaler dieses Beispiels unterstellt diesen Menschen aber unbewusst, aufgrund von Verknüpfungen zu negativen Erfahrungen, dass sie etwas Schlechtes an sich haben und verliert damit die Chance auf potentiell sehr gute Mitarbeiter*innen. Aber das Entgehen der ungeahnten Stärken der Bewerber*innen sind nicht das einzige Problem daran.

Rechtliche Vorgaben

Eine weitere, objektivere Gefahr: Das Gesetz. Das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) setzt fest, dass Bewerber*innen vor mittelbarer und unmittelbarer Diskriminierung zu schützen sind (§6 Satz 1 AGG). Unter die Diskriminierung fallen folgende geschützte Merkmale (§§1,7 AGG):

  • Ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion/Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • sexuelle Identität

Sollte Bewerber C zum Beispiel das Gefühl haben, er habe aufgrund seiner Herkunft keine Einladung zum Bewerbungsgespräch erhalten, reicht dies aus, um dagegen anzugehen und das Unternehmen steht nun in enger Beweispflicht. Ohne Absicht, hat der Personaler den Bewerber als „ungeeignet“ oder „unsympathisch“ abgestempelt und muss er sich nun dafür Verantworten, da er wahrscheinlich kein Gegenbeweis liefern kann, dass die Einladung nicht aufgrund der Herkunft ausblieb.

Um sich als Personaler*in, und das Unternehmen, vor ungewollter Diskriminierung im Bewerbungsverfahren oder allgemein festgefahrener Denkweise zu schützen, gibt es einige best Practices.

Tipps zur Vermeidung

Es gibt verschiedene Wege, dem Confirmation Bias entgegenzuwirken. Eine ganz einfache und langfristig wirksame Methode ist das führen eines Tagebuchs. Das Aufschreiben von Ereignissen, Entscheidungen und Gedanken erleichtern die Reflexion, warum man sich vielleicht auf einer Behauptung festbeißt. Die Einträge erleichtern auch Vergleiche von Vorkommnissen oder Auffälligkeiten der Vergangenheit. Wird dies alles im Nachhinein noch einmal durchgelesen, fällt es leichter Muster zu erkennen und sich zu hinterfragen, ob es wirklich immer nur die junge, studentische Aushilfe war, die immer zu spät kam oder sich diese Auffassung nicht einfach nur mit dem ersten Eindruck verankert hat.

Eine andere Möglichkeit ist es, besonders bei Auswahlverfahren, sich immer dem Mehraugenprinzip zu bedienen. Sich mehrere, unterschiedliche Meinungen einzuholen, zeigt auf, welche Eindrücke sich doppeln und wo man sich vielleicht nur etwas eingebildet oder hineininterpretiert haben könnte. Das Austauschen mit den weiteren involvierten Personen erleichtert es, den Fokus wieder zurück auf das Wesentliche zu lenken und Eindrücke zu objektivieren. Allerdings können dabei nicht nur andere Menschen helfen, sondern auch die Technik.

Bewerbermanagement Systeme importieren alle wichtigen Fakten aus einer Bewerbung, wie zum Beispiel Bildungsweg, Arbeitserfahrung oder Sprachkenntnisse, übersichtlich auf einen Blick. Der Fokus liegt also auf dem Können der Bewerber*innen. Systeme wie TalentScout bieten zusätzlich auch die Möglichkeit, diese automatisch erstellten Profile zu anonymisieren. Bei dieser Form von Bewerbung sind alle Hinweise zu den geschützten Merkmalen geschwärzt, sodass sich der*die Personaler*in auf die Qualifikationen konzentrieren muss. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels bietet es den Unternehmen einen enormen Vorteil, wenn sie hochgradig qualifizierte Bewerber*innen nicht übersehen, da sie von stereotypischen Vorannahmen unterbewusst geblendet werden können.

Allerdings kann es sogar als Diskriminierung angesehen werden, wenn vermutet wird, dass hinter den anonymisierten Bewerbungsunterlagen eine Person steckt, welche ein (oder mehrere) geschützte Merkmale aufweist, und daher nicht eingeladen wird. Ganz gleich, ob die Annahme stimmt oder nicht, also Vorsicht bei der Absage! Wie Sie Ihren Bewerber*innen korrekt absagen, erfahren Sie in unserem nächsten Blogpost.

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